In der Neurochirurgie gewinnt seit einiger Zeit die Methode der navigierten transkraniellen Magnetstimulation (nTMS) an Bedeutung. Es dient unter anderem dazu, Hirntumore vor einer Operation abzubilden und zu testen, ob wichtige Hirnregionen, zum Beispiel motorische und sprachliche Bereiche, betroffen sind. Mediziner der Technischen Universität München (TUM) konnten nun zeigen, dass die präoperative nTMS-Analyse motorischer Areale die Prognose von Patienten mit bösartigen Hirntumoren verbessert.
Mithilfe von nTMS lässt sich auf vier Millimeter genau erkennen, welche Hirnareale motorische oder sprachliche Funktionen steuern.„Das ist besonders wichtig, da es ermöglicht, Tumore von Patienten zu entfernen, ohne funktionelle Bereiche zu beeinträchtigen und gleichzeitig so viel bösartiges Gewebe wie möglich zu entfernen“, erklärt Dr. Sandro Krieg, Arbeitsgruppenleiter an der Klinik für Neurochirurgie der TUM Universitätsklinikum rechts der Isar und Leiter der Studie. Die Kartierung muss für jeden Patienten separat durchgeführt werden, da Tumore wichtige Hirnareale von ihren ursprünglichen Stellen verdrängen können.
Karte für wichtige motorisierte Gebiete
Um motorische Areale mit der nTMS-Technik zu bestimmen, tastet der Arzt mit einer Spule Punkte an definierten Positionen am Kopf des Patienten ab. Die Spule induziert kurze schmerzlose elektrische Impulse im Gehirn, die an diesen Stellen Gehirnneuronen stimulieren. Wenn die Pulse an einem bestimmten Positionspunkt Neuronen aktivieren, die Muskelbewegungen auslösen, können die Wissenschaftler die Muskelaktivitäten mit Hilfe von Elektroden messen, die an Armen und Beinen des Patienten befestigt werden. Diese Position wird dann als ein wesentlicher Ort für die motorische Aktivität angesehen.
Bis zu 150 individuelle Positionspunkte pro Patient können analysiert und kartiert werden. „So können wir eine Karte wichtiger Bewegungsareale und Nervenbahnen in der Umgebung des Tumors erstellen. Während der Operation sind diese Daten ein guter Anh altspunkt dafür, wo geschnitten werden darf und wo nicht“, erklärt Krieg. Am Klinikum rechts der Isar wird die Methode seit 2010 eingesetzt.
nTMS-Analyse verbessert die Prognose
In ihrer aktuellen Studie scannten und kartierten Sandro Krieg und sein Team motorische Areale bei Patienten mit hochgradigen Gliomen (HGG), die normalerweise mit einer schlechten Prognose einhergehen. Sie verglichen zwei Gruppen: 70 Patienten, die sich einer präoperativen nTMS-Analyse unterzogen hatten, und 70 Patienten, die sich einer Tumoroperation unterzogen hatten, bevor die nTMS zu einem Standardverfahren im Krankenhaus wurde.
Die Ergebnisse der Studie zeigen den Vorteil der nTMS-Kartierung für Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe: Bei Patienten, die sich einer nTMS-Tumoranalyse unterzogen, mussten kleinere Öffnungen im Schädel vorgenommen werden, und Tumorreste blieben seltener zurück. Darüber hinaus war ihre durchschnittliche Krankenhausaufenth altsdauer zwei Tage kürzer. Da auch der allgemeine Gesundheitszustand der mit nTMS behandelten Patienten besser war, konnte eine größere Zahl von ihnen anschließend eine Strahlentherapie erh alten. Vor allem überlebten diese Patienten mehrere Monate länger als die Kontrollgruppe.
"Natürlich müssen wir die Ergebnisse in größeren Patientengruppen bestätigen, aber eines ist klar: Das präoperative Tumor-Mapping beeinflusst viele Aspekte des Eingriffs positiv", sagt Krieg zu den Ergebnissen und fügt hinzu: "Einige Tumore die ansonsten als funktionsunfähig gelten, können mit dieser Methode entfernt werden."
Verfeinerungsprotokolle für nTMS
Die Wissenschaftler wollen nun Standardprotokolle für nTMS und zum Beispiel die Kartierung von Sprachräumen verbessern. In einer aktuellen Studie zeigten sie, dass ein Objektbenennungstest die beste Methode zur Analyse von Sprachzentren ist. „Sprachareale lassen sich bereits mit nTMS abbilden, aber sie sind viel komplexer als motorische Areale. Wir wollen höhere Standards schaffen, um Patienten mit Tumoren in diesen Regionen so effektiv wie möglich zu helfen“, sagt die Wissenschaftlerin.