Cytomegalovirus ist weit verbreitet und verbleibt nach der Infektion ein Leben lang im Körper. Bei gesunden Personen hält sich dieses Virus meist in Schach, kann aber bei einem geschwächten Immunsystem oder während einer Schwangerschaft gefährlich werden. DZIF-Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München haben ein Analyseverfahren entwickelt, das Virusinfektionen anhand von Immunantworten sehr genau nachweisen kann. Diese Methode könnte helfen, Schutzlücken frühzeitig zu erkennen und Transplantationen in Zukunft sicherer zu machen.
Das Humane Cytomegalovirus (CMV) ist weltweit verbreitet und die Mehrheit der Erwachsenen ist Träger, auch in Deutschland. Nach einer Infektion versteckt sich das Virus ein Leben lang im Körper, was meist unbemerkt bleibt. Wenn das Immunsystem jedoch geschwächt ist, wie es nach Transplantationen der Fall ist oder wenn sich ungeborene Kinder während der Schwangerschaft anstecken, kann es zu Schäden an einer Reihe verschiedener Organe, einschließlich des Nervensystems, kommen. Daher ist es wichtig herauszufinden, ob eine angemessene Immunantwort gegen das Virus vorhanden ist, um das Auftreten solcher Schäden zu verhindern.
Killer-T-Zellen erkennen ein breites Spektrum viraler Ziele
Dr. Andreas Moosmann leitet eine DZIF-Forschungsgruppe am Helmholtz Zentrum München und ist spezialisiert auf die Untersuchung von Immunantworten auf Viren. „Bei gesunden Menschen wird die Cytomegalovirus-Replikation vor allem durch T-Zellen gehemmt“, erklärt Moosmann. Milliarden verschiedener T-Zellen patrouillieren durch unseren Körper. Jede Zelle hat auf ihrer Oberfläche einen eigenen Sensor, einen sogenannten T-Zell-Rezeptor, der nur einen kleinen Teil eines bestimmten Erregers erkennen kann. Sobald dieser Sensor aktiviert wird, verwandelt sich die T-Zelle in eine Killerzelle. Die infizierte Zelle wird dann abgetötet und die darin enth altenen Viren können sich nicht mehr vermehren. „Allein durch den Blick auf bestimmte T-Zellen im Blut können wir jetzt genau erkennen, ob ein Virus vorhanden ist“, sagt Moosmann. Das Problem war bisher, dass komplexe Techniken solche Analysen in Frage stellten. „Für jeden einzelnen T-Zelltyp und für jede besondere Spezifität waren separate Tests erforderlich“, sagt Moosmann.
Ein Test für viele Arten von Viren
Um Viren schneller und genauer zu identifizieren, haben Moosmann und sein Münchner Wissenschaftlerteam eine Methode entwickelt, die es ermöglicht, Millionen von T-Zellen mit einem einzigen Test zu analysieren. „Wir sequenzieren Ribonukleinsäure (RNA) aus den Blutproben, wodurch wir existierende Arten von T-Zell-Rezeptoren identifizieren können, die spezifisch für verschiedene Teile von CMV sind“, erklärt Doktorandin Alina Huth. Mit dieser neuen Methode konnten die Wissenschaftler bei acht gesunden Virusträgern 1052 CMV-spezifische T-Zell-Rezeptoren identifizieren. Bei einer zweiten Gruppe von 352 Spendern maßen die Wissenschaftler die Prävalenz dieser Sequenzen und konnten so sehr genau infizierte Spender vorhersagen.
Die Ergebnisse dienen dem Aufbau einer Datenbank virusspezifischer T-Zell-Rezeptoren. Diese Methode lässt sich laut den Wissenschaftlern auch für andere Viren anwenden. Der Biologe Dr. Xiaoling Liang ist überzeugt: „Diese Diagnosemethode wird mehr Informationen zu geringeren Kosten liefern und ist daher für Kliniker in Zukunft attraktiv. Wir können jetzt einen Test entwickeln, der den Immunstatus für verschiedene Viren in einem Schritt direkt bestimmen kann.“
Die Anwendungsmöglichkeiten eines solchen Tests sind vielfältig. So könnten beispielsweise Virusinfektionen bei Transplantationspatienten und anderen Menschen mit geschwächtem Immunsystem vorhergesagt und eine rechtzeitige Behandlung ermöglicht werden. „Wir sehen in diesem Test großes Potenzial. Er könnte beispielsweise auch zur Überprüfung des Impferfolgs eingesetzt werden. Und er wird die Erforschung der Zusammenhänge zwischen Infektionen, Autoimmunerkrankungen und Allergien vorantreiben“, ergänzt Moosmann.